Käpt´n Blaubär auf großer Fahrt

Käpt´n Blaubär auf großer Fahrt

Dass Käpt´n Blaubär bei seinen Erzählungen in unvergleichlich hanseatischem
Tonfall zu sagenhaften Übertreibungen neigt, wissen wir aus der Sendung mit der Maus. Jetzt hat er das Seemannsgarn aber wirklich übertrieben: Käpt´n Blaubär behauptet allen Ernstes, den Rhein von Speyer (km 400) bis zum Wassersportverein Godesberg (km 646,4) gerudert zu sein – und zwar allein.

Er redet sich geradezu in Rage: Er sei schon am Vorabend des längsten Tages des Jahres auf dem Dach eines Ufos gefesselt worden. Um 2:30 Uhr hätte das Ufo in schwarzer Nacht Godesberg verlassen. Im entfernten Rheinland-Pfalz seien die Gewitterblitze leuchtrot gewesen und auch die Windmühlen an der Autobahn hätten rot leuchtende Flügel gehabt.

Es sei 4:30 Uhr gewesen als er in Speyer den majestätischen Dom gesehen habe, die kleine Stadt überragend – und einen Jumbo, schräg in der Luft, den Häusern bedrohlich nah. Die Zufahrt zur stattlichen Rudergesellschaft Speyer war durch eine Schranke versperrt, aber das konnte Käpt´n Blaubär nicht aufhalten. Eher schon die abgesoffene Pritsche, aber er sei stolz schwebend und trockenen Rumpfes über das Wasser auf den Anleger gelangt.

Spiegelblank war das Wasser im Hafen, es sei für ihn von unten beleuchtet worden, ein paar Gänse trollten sich angesichts des Käpt´n, ein Angler bewegte sich nicht. Der Sonnenaufgang stand unmittelbar bevor. Er habe noch die Domglocken gehört, es sei Punkt Fünf Uhr gewesen als Käpt´n Blaubär in See stach, wie er sagte. Genau genommen war es wohl der Hafen von Speyer.

Anfangs sei der Fluss breit und lahm gewesen, er sei nur mühsam voran gekommen. Dann drohte das Ende: Zwischen den konkurrierenden Hauptstädten Mainz und Wiesbaden waren die reichen und ganz reichen Freizeitkapitäne aufgewacht. Mit hochseetauglichen Kreuzern schlugen sie Bug- und Heckwellen, die Käpt´n Blaubär mehrfach versenkt hätten. Er wäre natürlich nicht Käpt´n Blaubär, wenn er nicht immer wieder aufgetaucht und weitergerudert wäre.

Aber die Kraft war am Ende, der für Bingen vorgesehene Boxenstopp mit Verpflegung und Bunkern neuer Flüssigkeitsvorräte musste vorverlegt werden. Das Gelingen der Mission wurde fraglich. Ein gute Fee sei aufgetaucht – oder war es eine Wassernixe? – und sie habe Nudeln und Pesto gebracht. Und es dauerte nicht lange, da waren die alten Bärenkräfte wieder da. Es sei 14 Uhr gewesen, als Käpt´n Blaubär auf die zweite Streckenhälfte ging. Nach ein paar Kilometern gegen spürbaren Westwind wurde es eng im Rheintal. 1800 Kubikmeter pro Sekunde flossen an diesem Tag den Rhein hinab, fast doppelt so viel wie am Monatsanfang als der Pegel einen Meter niedriger war. Und das Wasser kann im engen Rheintal zwischen Bingen und Koblenz nicht ausweichen, es muss schneller werden. Und mit ihm Käpt`n Blaubär. Der schiebt es natürlich auf seine übersinnlichen Kräfte aus dem Pesto, die ihn gen Norden fliegen ließen.

Die Freizeitkapitäne waren auch in der Mittagspause und nahmen einen Sekt, die Berufsschiffer machten sich rar – so habe es im engen Rheintal keine Probleme gegeben und selbst die sagenhafte Loreley habe ihm zugewunken.

Nach Koblenz wurde es dann wieder bitter. Der Rhein wollte einschlafen, Käpt´n Blaubär auch. Ein Anruf um 20 Uhr: „bin an Neuwied vorbei“ ließ hoffen. Neuwied, das kennt man ja, 38km Anrudern. Aber 38km in zwei Stunden? Nach 210 Kilometern? Gesamtdurchschnittstempo 15km/h, jetzt 19 in den letzten zwei Stunden? Es wurde hart und es gab kein Wasser mehr. Unter dem Boot ja, aber im Boot nicht.

Der Schluss der Erzählung ist durch Zeugen gesichert: Gut 25 eilig alarmierte Mitglieder standen im Corona-Abstand auf der Rampe und dem Steg als es von der Nordspitze Nonnenwerth hieß: „er kommt“. Nach 17 ½ Stunden – die Pause mitgerechnet – legt Käpt´n Blaubär unter dem Applaus des Empfangskommittees lässig an der WSVG-Pritsche an. Es wird dringend benötigtes Hefeweizen und Wasser gereicht.

Das ist die Geschichte, wie Käpt´n Blaubär sie immer wieder erzählen wird.

Wahr ist, dass es Florian Heesen war, der den Blaubär zu dieser grandiosen Leistung angetrieben hat. Hat er an Aufgeben gedacht? „Von der ersten Stunde an immer wieder“.

Wer Flo ein bisschen kennt, weiß, dass das wohl nie eine Option war.

Glückwunsch und hipphipphurra – Andreas Bartsch

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