Wanderfahrt auf der Lahn

Wanderfahrt auf der Lahn

Anfängerwanderfahrt vom 11. bis 13. August 2023

21. Juli 2023: nur noch dreieinhalb Wochen bis zum Sommerurlaub mit Familie und Freunden im Häuschen an der Nordsee. Entspannung pur in Sicht.

Anruf Hartmut: „HC, ich habe Dir kurzfristig einen Platz für die in drei Wochen stattfindende Wanderfahrt auf der Lahn vorreservieren können. Möchte ich Dir ans Herz legen. Lange überlegen ist nicht, Du musst Dich schnell bei Steffi melden.“ Anspannung pur - jetzt. Den am auf die Wanderfahrt folgenden Tag startenden Urlaub als Vorwand nehmen, um sich dem Stress des Ungewissen nicht
aussetzen zu müssen? Oder sich später ärgern, dass ich mich nicht aus der „Komfortzone“ (wie man heute zu sagen pflegt) bewegt habe? Steffi macht’s mir einfach: eine kurze Mail, ein Eintrag in der Teilnehmendenliste, fertig. Ich bin also dabei. Und es soll sich noch als sehr gute Entscheidung erweisen.

Herausforderung, die Erste

Decodierung der Rundmail von Steffi, in der sie minutiös die logistischen Abläufe erklärt - Bus und mehrere Pkws, die zwischen Limburg, Laurenburg und Nassau hin- und herfahren, sich mal hier, mal dort postieren sollen. Bootsverpflegung bei „Ashot“ lagern. (Wo oder was ist Ashot, und rudern wir auch die Nächte durch? Auf dem Rhein bin ich bisher immer mit einem halben Liter Wasser ausgekommen…) Bootseinteilung: Ich rudere mit Steffi als Steuer- und Kathrin als Schlagfrau, ferner dabei: Uwe und Peer. Passt, zumal es sich um die mir vertraute Rheinstein handelt. Aber Achtung: Meine letzte Ausfahrt mit Hartmut war nicht so doll, da hatten sich wieder ein paar technische Fehler eingeschlichen. Wie sehr wird Steffi mich/uns wohl in die Mangel nehmen? Wir werden sehen…!

Herausforderung, die Zweite

Verladen der Boote am 10. August, dem Vorabend der Abreise. Eine angestrengte Geschäftigkeit allenthalben. Keine Zeit für lange Erklärungen, einfach an- und zupacken - zack, zack: irgendwie, irgendwo. Nach gut einer Stunde ist alles verpackt und „ready to rumble“.

Herausforderung, die Dritte

Steffi am Steuer des Vereinsbusses folgen. Ich darf ihr nämlich am 11. August ab 16 Uhr mit dem eigenen Pkw und den Beifahrer:innen Regina, Katharina und Uwe nach Limburg hinterherfahren, um beim Entladen und Aufriggern der Boote zu helfen. Erster Fauxpas bereits am Ende der Konstantinstraße (Abbiegung vor der Esso-Tankstelle regelrecht verquasselt, Steffi weg), zweiter in Remagen (noch mal kurz Steffis Heck gesehen, dann wieder weg), dritter irgendwo auf der B9 (Ausfahrt verpasst, Steffi auf Nimmerwiedersehen). Als wir schließlich nach einer Irrfahrt in Limburg ankommen, sind zwei von sechs Booten bereits vom Anhänger. Sorry, Leute!

Herausforderung, die Vierte

Ankunft am frühen Abend des 11. August im „Gasthof zum Lahntal“ in Laurenburg. Erster Gedanke: Das 36-Stunden-Biwak bei der Bundeswehr Mitte der Achtziger war eigentlich doch nicht so unkomfortabel 😉 Und wie würden sich Anselm und ich, die wir uns bis dahin noch nicht persönlich über den Weg gelaufen sind, wohl über zwei Nächte im gemeinsamen Doppelzimmer mit nur einer Schlafdecke (!) ver- und betragen? (Ok., das mit der Decke stimmt nicht, es waren immerhin zwei „hübsch gemusterte“ Winterdecken 😉 Apropos: Ein bisschen hat mich das Ganze dennoch an die erste Begegnung von Ishmael und Queequeg aus Herman Melvilles Moby Dick erinnert.
Abends nettes Get-together bei reichlich Speis und Trank auf der Terrasse mit Blick auf die gemächlich vor sich hin dümpelnde Lahn, die sich jedoch in den frühen Morgenstunden zu einem reißenden Fluß zu entwickeln droht. Diesen Schluss lässt zumindest das höllische Getöse eines plötzlich einsetzenden Sturzregens zu. Soll meine erste Wanderfahrt also schon zu Ende sein, bevor sie überhaupt begonnen hat?

Herausforderung, die Fünfte

Frühstück um 6.30 Uhr (!) am 12. August. Da die Regionalbahn nach Limburg, von wo aus die Ruderfahrt startet, um 8.53 Uhr nicht fährt, müssen wir alles um eine Stunde vorziehen, um rechtzeitig vor Mittag durch die beiden ersten Schleusen zu kommen. Der Wecker bimmelt also schon um 6 Uhr, was der Aufbruchsstimmung aber keinen Abbruch tut.

Am Abfahrtsort angekommen, offenbart sich, dass das Wetter den ganzen Tag über ziemlich wechselhaft sein würde: eine Regenjacke dabeizuhaben entpuppt sich mitnichten als unnnötiger Ballast. Gegen 9.30 Uhr dann der Lackmustest mit Steffi: Die Rheinstein geht als erste raus und nimmt ein paar intensivere Kalibrierungen mit den Novizen vor. Uwe, Peer und ich sind perfekt aufgehoben zwischen dem Pull von Kathrin und dem Push von Steffi. Besten Dank an dieser Stelle nochmals für das Finetuning, das wir uns (hoffentlich dauerhaft) hinter die Skulls schreiben.

Herausforderung, die Sechste

die Causa Grüne Welle. Gegen 10 Uhr sollen sich alle sechs Boote an der ersten Schleuse Richtung Laurenburg einfinden. Hätte um ein Haar nicht geklappt. Denn wie sich erst am Morgen in Limburg herausstellt, hatten sich die eigenwilligen Skulls der Grüne Welle bereits im Heimatruderhaus des WSVG geweigert, ihre Plätze im Anhänger einzunehmen. Also mussten sie durch Leihskulls des örtlichen Vereins ersetzt werden. (Wie diese dann am Ende ihren Weg vom Zielort Nassau zurück an den Startort Limburg gefunden haben - oder auch nicht - ist eine andere Geschichte…)

Herausforderung, die Siebte

die spontane Erweiterung der Rheinstein von einem Fünfsitzer zu einem Sechssitzer. Am späten Nachmittag wieder in Laurenburg angekommen, gesellt sich unangekündigter Besuch zur Rheinstein hinzu und fordert das gesamte Team heraus. Denn (die weitere) Katrin wird eingeladen, sich gekonnt athletisch noch vor Kathrin, unserer Schlagfrau, hinzuknien und weitere zwei Kilometer gegen den Strom (und wieder zurück) mitzurudern. Wir zeigen uns voll der Power und pullen mal so richtig durch. (Übrigens eine geschickte Taktik: Da bei der Ankunft nahezu alle Boote und Rudernde bereits an Land
sind, stehen uns Dutzende von hilfsbereiten Händen zur Seite 😉

An dieser Stelle sei noch erwähnt, dass die Anlegestelle für die Mittagseinkehr in Balduinstein über einen neuen, bequemen Steg verfügt.

Herausforderung, die Achte

Schwimmen (statt Rudern) in der Lahn. Die Strömung scheint zwar nicht viel herzumachen, aber es ist dann doch erstaunlich, an der eigenen Physis feststellen zu müssen, dass es eines gewissen Kraftaktes bedarf, nicht abgetrieben zu werden. Alle Frauen und Männer halten aber Stand und müssen nicht außerplanmäßig an der ersten Schleuse Richtung Nassau (die zu überwinden erst für den nächsten Tag vorgesehen ist) wieder abgeholt werden 😉 Danach werden die tagsüber abgearbeiteten Kalorien nahrungstechnisch wieder aufgenommen. Und zwar üppig!

Herausforderung, die Neunte

Ein Disput vor der letzten Schleuse, es fehlt nur wenig zu Handgreiflichkeiten. Es ist kurz nach Ende der Mittagspause, als der Schleusenwerter das Tor vor den zahlreich versammelten Ruderbooten, Kajaks und Kanus öffnet. Von weitem ertönt das „Hoppla-jetzt-komm-ich“-Horn eines nicht nur auf dem ärmellosen Hemd roten Motorbootfahrers, der schnurstracks auf die Schleuse zuhält. Es folgt ein verbaler Schlagabtausch mit unterschiedlich dargelegten Perspektiven. Wir, die Rudernden: „first in, first out.“ Er: „Motorbootfahrer schon aus Sicherheitsgründen immer zuerst, da sie im Falle einer Manövrierunfähigkeit alles zerquetschen, was sich ihnen in der Schleuse in den Weg stellt.“ (Oder so ähnlich.) Und wer hat Recht?

Aufschluss gibt die Binnenschifffahrtsstraßen-Ordnung. In der Schleuse glätten sich die Wogen wieder und alle wünschen sich gegenseitig einen im weiteren Verlauf schönen Tag. Geht doch!

Herausforderung, die Zehnte

Steffi (wieder mal) am Steuer des Vereinsbusses folgen. Nach dem zügigen Abriggern der Boote und dem Verstauen der letzten Käsewürfel, Salamiwürstchen, Prinzenrollen und Haribos (sozusagen das Kontrastprogramm zur die körperliche Fitness fördernden Ruderfahrt) geht’s am Sonntagnachmittag zurück Richtung Heimathafen. Diesmal ohne besondere Vorkommnisse.

Mein Fazit: Hartmut hat recht. Eine Wanderfahrt an die Lahn ist in mehrfacher Hinsicht eine lehrreiche Erfahrung. Vor allem (aber nicht nur) für Anfänger:innen. Und das Rudern selbst ist auf der Lahn von besonderer Güte: ruhig fließend, meditativ, romantisch.

Ein vierfaches „Plop!“ auf Steffi und alle, die bei der Organisation und Durchführung geholfen haben. Und bitte seid nachsichtig, dass ich nicht jede(n) Teilnehmer:in namentlich erwähnt habe. In diesem Sinne:

Ahoi,
Hans-Christian (HC)

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