Tradition
Es begann mit einem alten Klinkervierer - Die Geschichte des Wassersportverein Godesberg 1909/11 e.V.
Einem tatkräftigen Ruderer aus Düsseldorf, dem Kaufmann Friedrich Bender, verdanken zwei traditionsreiche Godesberger Rudervereine ihre Existenz: der Wassersportverein Godesberg 09/11 e.V. (WSVG) und der Ruderverein Pädagogium Godesberg (R.V.P.G.) an der Otto-Kühne-Schule, die beide auf Anregung des Düsseldorfers gegründet wurden und 2009 ihr 100-jähriges Bestehen feiern konnten. Seit ihrer Gründung sind die beiden Vereine am Rüngsdorfer Rheinufer nicht nur gute Nachbarn, sondern auch sportliche Freunde.
Warum der Schrägstrich?
Mit einem schweren alten "Klinkervierer", einem Boot mit ziegelartig übereinander greifenden Planken, begann am 17. Juni 1909 die Geschichte des WSVG. Erster Vorsitzender wurde Sanitätsrat Dr. Lose, ein bekannter Godesberger Arzt. Mit dem R.V.P.G. teilte man sich oberhalb des Rheinhotels Dreesen ein schwimmendes Boothaus mit großer Pritsche und einer Zugbrücke. Das Provisorium wurde vom R.V.P.G. bereits am 13. Juli 1910 durch einen Bootshaus-Neubau ersetzt, der wegen seines niedlichen Wahrzeichens "Türmchen" genannt wurde. Hier zog auch der Wassersportverein als Mieter ein.
1911 gesellte sich unter dem Vorsitz von Fritz Ruland der Ruder- und Schwimmverein Godesberg dazu, in dessen neues Clubhaus der WSVG übersiedelte, bevor er sich 1913 an den Bau eines eigenen Domizils heranwagte.
Das Dach war gerade gedeckt, als der Erste Weltkrieg ausbrach. Nach einer Zeit des kameradschaftlichen Miteinanders fand dann 1920 die Fusion der beiden Wassersportvereine statt. Daher der Schrägstrich im neuen Namen "Wassersportverein Godesberg 1909/11 e.V." Die grün-weiß geviertelte Flagge mit dem roten Stern und der Godesburg in der Mitte ersetzte die ehemals blau-weiß gestreifte mit der Godesburg links oben.
Nach der Fusion zwischen Ruder-und Schwimmverein und WSVG nahmen die Mitgliederzahlen und der Bootsbestand rasant zu. Bereits 1920 wurde der malerische Holzbau abgerissen und durch eine großzügige Bootshalle ersetzt. Anfang der 1930er Jahre veränderte sich das Haus erneut: Eine zusätzliche Etage in Holzkonstruktion schaffte Raum für Wanderruderer, Damen-Umkleide und Wohnung. Im Zweiten Weltkrieg diente das Haus auch als Unterkunft für Soldaten. 1968 war auch für diesen Bau die Zeit abgelaufen. Unter der Regie des Vorsitzenden Wolf Stützer entstand auf den alten Grundmauern das heutige Bootshaus errichten. Erinnerung an früher: der nördliche Eckpfeiler.
Große Erfolge im Leistungssport
Aber zurück in die 1920er Jahre: Mit voller Energie stürzte sich der junge Verein in den Leistungssport. Die erste Siebengebirgsregatta zog viele Gäste an und wurde zum festen Programm der Aktivitäten an der Rheinschiene. Namen wie Georg und Leo Arenz, die "Dynastie" Scheben, Walter Keel, Heini Peifer tauchen in jener Zeit immer wieder auf: Sei es im Zusammenhang mit Trainern oder den Ruderern, die damals die Deutschen Meisterschaften im Zweier, internationale Siege in Luzern oder auch Erfolge auf nicht ganz so spektakulären Regatten erkämpften. Das Geheimrezept für die glanzvolle Phase war vermutlich das Zusammenspiel von kompetentem Trainer, hoch motivierten Ruderern und einer Disziplin, die heutzutage kaum durchzusetzen wäre. Nicht zu vergessen natürlich die wohlwollend-spendable Einstellung der betuchten Bad Godesberger Gesellschaft zu "ihrem Verein". Kaum ein Geschäftsmann, der nicht in irgendeiner Weise dem WSVG verbunden gewesen wäre! Früher als in manchem anderen Ruderverein formierte sich im WSVG eine Damenriege, und früher als in den meisten Rudervereinen vertraute man einer Frau den Vorsitz an.
Während des Zweiten Weltkriegs gingen verständlicherweise alle Aktivitäten stark zurück. Ständig gab es Einberufungen zu Arbeitsdienst oder Militär, Boote und Bootshaus wurden beschlagnahmt. Erstaunlich, dass trotz dieser Einschränkungen kurz nach dem Krieg bereits wieder Spitzenleistungen zu verzeichnen waren. 1949 und 1950 gewannen Marianne Schaefer und Ellen Stahl die Deutsche Meisterschaft im Doppelzweier der Damen und Willi Neuburger im Leichtgewichtseiner. 1961 wurden Ernst-August Dunkel und Hans-Georg Scheben Deutsche Vizemeister im Einer. 1965 konnte der WSVG mit insgesamt 42 Siegen aufwarten. Arthur Heyne gewann bei den internationalen Wettkämpfen in Rom. 1969 erruderten Andreas Rothfuß und Günther Schürholt den ersten Eichkranzsieg für den WSVG. Zwei Jahre später konnte Trainer Hans Müller auf den 100. Sieg in seiner Laufbahn stolz sein, aber in der Folgezeit blieben die ganz großen Preise aus. Zwar hat der WSVG trotz immer ungemütlicher werdender Trainingsbedingungen - der Rhein ist schließlich die bedeutendste Wasserstraße Europas - den Leistungssport bis heute nie ganz aufgegeben und mit Trainern aus den eigenen Reihen immer wieder engagierte junge Menschen an Regatten herangeführt. Aber der Ruhm der ersten 50 Jahre ist nicht zurück zu erobern bei dem mächtigen Konkurrenzdruck auf internationalen Wettkämpfen.
Der Wassersportverein heute
Der WSVG macht das Beste aus dieser Situation: Ein gepflegter Bootspark, gut geschulte Steuerleute, ein anspruchsvoller Fitnessraum und gezieltes Wintertraining garantieren nahezu das ganze Jahr über sportliche Betätigung und Wanderfahrten auf deutschen und ausländischen Gewässern. Die Jugend - auch die reifere - hat über ein wohldurchdachtes Drei-Stufen-Programm die Möglichkeit, sich den eigenen Ambitionen gemäß auf Regatten vorzubereiten oder aber reinen Freizeitsport zu betreiben.
Neben allen Angeboten erwartet der Verein aber auch etwas von seinen Mitgliedern: Selbstdisziplin, Teamgeist und Achtung vor dem Partner und dem Gegner. Ein junger Mensch, der sich für das Rudern entschlossen hat, wird den Wert einer Gemeinschaft schätzen lernen, in der sowohl das individuelle Talent gefördert wird als auch die Fähigkeit, sich für den gemeinsamen Erfolg zurück zu nehmen. Er erfährt die Freude an der eigenen Leistung und wie es sich anfühlt, Verantwortung zu übernehmen. Und wird die nachrückende Generation ihren WSVG auch in die nächsten Jahre tragen - mit Freude am Erreichten und Verantwortung für die Zukunft.